Warum seid ihr so viele?

Wenn wir zu einem Einsatz ausrücken, dann bleiben wir meist nicht alleine. Bei den meisten Einsatzarten werden immer mehrere Fahrzeuge hinzugezogen. Bei einem Brand kann da mal schnell eine komplette Straße mit Feuerwehrfahrzeugen zugeparkt sein. Wir werden dann oft gefragt: "Warum kommen da so viele?" oder: "Hätte 1 Fahrzeug nicht auch gereicht?". Um zu verstehen, warum welche Fahrzeuge zum Einsatz kommen und wieso das gleich so viele sind, möchten wir an dieser Stelle ein paar Hintergrundinfos liefern.

Am Einfachsten ist es, wenn wir uns einen Einsatz ausdenken und den einmal durchspielen.

Das fiktive Einsatzszenario

Für unser Beispiel denken wir uns folgendes Szenario: Es ist Mittwoch Abend, etwa 22 Uhr. Sie wollen allmählich zu Bett gehen und lassen die Rolläden im Wohnzimmer herunter. Beim Herunterlassen bemerken Sie, dass irgendwas nicht stimmt. Aus dem Kellerfenster im Nachbargebäude quillt schwarzer Rauch. Was Sie in diesem Moment nicht wissen, ist, dass es einen Kurzschluss an der Heizungsanlage Ihres Nachbarn gab und sich ein Schwelbrand entwickelt hat, der eine große Menge an giftigem Rauchgas verursacht. Der Rauch füllt bereits den gesamten Heizungsraum und bahnt sich seinen Weg in die übrigen Kellerräume bis ins Treppenhaus, wo er nach oben in die Wohn- und Schlafräume zieht.

Ein Auto Ihres Nachbarn steht vor dem Haus, Sie sehen aber kein Licht im übrigen Haus. Sie können also nicht mit Gewissheit sagen, ob ihr Nachbar zu Hause ist, oder nicht.

Der Notruf und die Alarmierung

Sie laufen zum Telefon und wählen die Notrufnummer 112. Am anderen Ende meldet sich ein sogenannter Leitstellendisponent der Berufsfeuerwehr Saarbrücken. Bei der Berufsfeuerwehr läuft Landesweit die Notrufnummer 112 auf. Dieser wird Sie als erstes fragen, was passiert ist. Sie antworten ihm, dass aus dem Kellerfenster im Nachbargebäude schwarzer Rauch quillt. Als nächstes wird er wissen wollen, wo das genau ist. Sie nennen ihm die genaue Adresse. Die Frage, ob noch Personen im Gebäude sind, können Sie nicht mit Gewissheit verneinen.

Während der Leitstellendisponent mit Ihnen redet, tippt er die Informationen in ein Computerprogramm. Dort wird er das Einsatzstichwort "Kellerbrand" eintragen. Ebenso die Adresse. Da Sie nicht mit Gewissheit sagen konnten, ob noch Personen im Gebäude sind, wird immer vom schlimmsten Fall ausgegangen. Während der Disponent noch mit Ihnen spricht wird er die notwendigen Einsatzkräfte bereits alarmieren. Der Computer erkennt anhand des Einsatzstichwortes "Kellerbrand mit Menschenrettung" wen er alarmieren muss.

Alarm- und Ausrückeordnung

Aber woher weiß der Computer, wen er alarmieren muss?

Dies geschieht anhand der sogenannten Alarm- und Ausrückeordnung, die es für jede Gemeinde und Stadt gibt. In dieser sind für verschiedene Einsatzstichworte die zu alarmierenden Einheiten hinterlegt.

Als diese Alarm- und Ausrückeordnung erstellt wurde, musste man sich Gedanken machen, welche Einheiten man bei welchem Einsatz benötigt. Dazu wurden ähnlich wie hier fiktive Einsätze durchgespielt. Aber grundsätzlich gilt: lieber zu viel als zu wenig. Das soll heißen: besser wird eine Einheit mehr alarmiert und wird nicht gebraucht, als dass eine Einheit zu wenig vor Ort ist.

Die Alarm- und Ausrückeordnung berücksichtigt sowohl die nötige Anzahl an Einsatzkräften, die benötigt werden, um den Einsatz zu bewältigen, als auch das benötigte Material.

An dieser Stelle sollte noch erwähnt werden, dass sich die Gemeinde Gersheim in 3 Löschzüge unterteilt. Einer dieser Löschzüge beinhaltet die Löschbezirke Rubenheim, Herbitzheim und Bliesdalheim.

Sehen wir uns nun die Ausrückeordnung für das Einsatzstichwort "Kellerbrand mit Menschenrettung" einmal genau an:

Diese besagt, dass der gesamte Zug zu alarmieren ist, außerdem der Gerätewagen Atemschutz aus Bliesdalheim (wäre hier im Zug eh schon dabei), so wie das Tanklöschfahrzeug aus Gersheim. Für die Menschenrettung wird zusätzlich die Drehleiter aus Blieskastel hinzugezogen. Automatisch kommt von dort auch der Einsatzleitwagen.

Natürlich muss der Disponent der Leitstelle nicht jedes Fahrzeug oder jeden Löschbezirk einzeln alarmieren. Sobald Einsatzstichwort und Adresse im Computer eingegeben sind, bekommt der Disponent die notwendigen Fahrzeuge vorgeschlagen und kann die Alarmierung mit einer einfachen Bestätigung einleiten.

Alarm

Während Sie noch am Telefon mit dem Disponenten reden. Läuft im Hintergrund die Alarmierung. Mittlerweile geschieht dies zum größten Teil digital. Als Empfänger gibt es einmal die klassische Sirene und zum Anderen Funkmeldeempfänger, auch Piepser genannt, die einige Feuerwehrkameraden bei sich tragen. Innerhalb etwa 30 Sekunden haben alle Empfangsgeräte den Alarm erhalten. Sie werden jetzt mehrere Sirenen im Umkreis hören.

Der Leitstellendisponent wird Ihnen sagen, dass die Feuerwehr auf dem Weg ist. Sie legen auf und gehen nach draußen. Sie wollen am Haus Ihres Nachbarn klingeln, um ihn zu warnen.

Währenddessen begeben sich die Feuerwehrkameraden auf dem schnellsten Weg zu ihrem Gerätehaus. Dort wird die Einsatzkleidung angelegt. Außerdem meldet sich der Ersteintreffende im Feuerwehrhaus über Funk bei der Leitstelle. Somit weiß die Leitstelle, dass der Alarm angekommen ist und sich bald jemand auf den Weg zu Ihnen macht.

Im Saarland ist festgeschrieben, dass innerhalb von 12 Minuten ab dem Notrufeingang ein Fahrzeug vor Ort sein muss.

Etwa Gleichzeitig machen sich jetzt folgende Fahrzeuge auf den Weg zum Einsatzort:

- Rubenheim: Löschfahrzeug TSF-W

- Herbitzheim: Löschfahrzeug TSF und Rüstwagen RW

- Bliesdalheim: Löschfahrzeug TSF-W und Gerätewagen Atemschutz GW-A

- Gersheim: Tanklöschfahrzeug TLF

- Blieskastel: Drehleiter mit Korb DLK und Einsatzleitwagen ELW

- Wehrführer Gemeinde Gersheim: Komandowagen KdoW

- Polizei

- Rettungsdienst: Rettungswagen RTW und Notarzteinsatzfahrzeug NEF

 

Wie Sie vielleicht bereits mitgezählt haben sind gerade 12 Fahrzeuge auf dem Weg zu Ihnen, mit insgesamt etwa 40 Einsatzkräften.

Warum so viele?

Für Außenstehende mag die Anzahl an Fahrzeugen und Einsatzkräften etwas hoch erscheinen.

Bei einem Brandeinsatz werden immer Atemschutzgeräteträger benötigt. Durch das Alarmieren des gesamten Zuges soll sichergestellt werden, dass ausreichend Atemschutzgeräteträger am Einsatzort zur Verfügung stehen. Denn zum Zeitpunkt der Alarmierung kann niemand abschätzen, was genau in dem Haus vor sich geht. In unserem Fall handelt es sich anfangs um einen Schwelbrand.

Das Tanklöschfahrzeug aus Gersheim bringt als Sonderbeladung einen Lüfter mit, der es ermöglicht den giftigen Brandrauch aus dem Haus zu blasen.

Mit Hilfe der Drehleiter könnte man jemanden aus einem höher gelegenen Fenster ins Freie retten, falls ein Entkommen durch das Treppenhaus nicht mehr möglich ist.

Einsatzverlauf

Sie konnten Ihren Nachbarn warnen und der konnte sich mit seiner Familie ins Freie retten. Nur kurze Zeit später trifft unser Löschfahrzeug ein. Der Gruppenführer des Fahrzeuges wird sich als erstes einen Überblick verschaffen. In diesem Moment könne Sie ihm helfen. Die Info, dass alle aus dem Haus sind ist sehr wichtig, da sie das taktische Vorgehen der Feuerwehr verändert. In diesem Fall müssen keine Menschen mehr gesucht oder gerettet werden, sondern kann gezielt mit der Brandbekämpfung begonnen werden.

Parallel wird sich bereits der Angriffstrupp mit Atemschutzgeräten ausrüsten und die übrigen Feuerwehrmänner eine Wasserversorgung vom Hydranten herstellen, damit der Angriffstrupp einen Schlauch zur Brandbekämpfung mitnehmen kann.

Der Angriffstrupp geht dann in den Keller vor und wird das Feuer schnell gelöscht haben. Mit Hilfe des Lüfters wird der Brandrauch aus dem Gebäude geblasen.

Glücklicherweise war in diesem Fall der Brand schnell unter Kontrolle. Bei diesem Einsatz wären zu viele Einsatzkräfte da gewesen, aber das kann man bei der Alarmierung nie genau sagen.

Hoffentlich verstehen Sie so besser, warum so viele kommen.